Tatsächlich halten am Bahnhof des Künstlerdorfes Worpswede, nordöstlich von Bremen, keine Linienzüge. Und genau dies habe sie in ihren dort aufgenommen Fotos auch thematisch abbilden wollen, erklärt Claudia Grünig.

Für das Shooting vor Ort hat die Künstlerin aus Köln gearbeitet, wie sie es gerne tut: Mit Laien, die sich bei ihr vorab bewerben. So auch die elfjährige Protagonistin, die am Worpsweder Bahnhof steht – mit Koffer und rotem Mantel. Und mit weißen Zwergseidenhühnern. Hühnern, die sie auch im wahren Leben züchtet. “Ich gebe gerne eine Idee für das Setting vor”, erklärt Grünig. Viele der Ideen und Szenerien entstünden dann im Zusammenspiel mit Protagonisten. “Das ist auch für mich sehr bereichernd”, so Grünig.

Aus ihrer Arbeitsweise heraus entstehen besondere Szenerien, mit vielen Details, teils zum Schmunzeln, zum Hinterfragen und Deuten. Warum etwa treten immer wieder Menschen durch Tapeten behangene Wände? Claudia Grünig hat eine Antwort: Diese Serie sei in einem fiktiven Mietshaus namens Drosselweg 12 angelegt, erklärt sie. Die Menschen schreiten etwas übergriffig, neugierig hinein in die Zimmer nebenan. Andere Arbeiten, aus der Reihe “Milchmädchen”, zeigen eine junge Frau, die an einem Milchtopf angeschlossen an einem Tisch sitzt.

“Meine Bilder sind Situationen und vor allem Befindlichkeiten”, erklärt Grünig, die eigentlich Malerei studiert hat, Meisterschülerin war und auch schon Bühnenbilder erstellt hat. Letzteres merkt man einigen ihrer Bilder an. Trotz der gemeinsamen Erarbeitung mit den Fotografierten wirken sie durchdacht und immer hintergründig, teils, wie aus einem Wes Anderson-Film. Wenngleich der noch knalligere Farben nutzt.

Sie habe sich schon immer künstlerisch mit Realitäten und Unwahrem beschäftigt, erklärt Grünig. In manchen ihrer Fotos wird gleich klar, dass hier vielleicht am Computer ergänzt wurde – so etwa bei Szenerien mit einer mehrbeinigen Dame. Bei anderen bleibt es unklar.

Die Ausstellung “Believe in me” von Claudia Grünig ist bis zum 13. Oktober im Zündorfer Museum Wehrturm zu sehen. Für die Besucher*innen der Vernissage gab es dabei gleich einen doppelten Mehrwert: Die bildlich – ähnlich, wie die Fotos -, detailreich, bannende Einführungsrede sprach Georg Mertin – selbst Künstler und Autor.